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Pas­siv­haus und Ener­PHit

Pas­siv­häu­ser und Ener­PHit-Sa­nie­run­gen (sprich "En­er­fit") sind Ge­bäu­de, die haupt­säch­lich "pas­siv" von der Son­ne, von in­ne­ren Wär­me­quel­len und von zu­rück­ge­won­ne­ner Wär­me be­hag­lich warm ge­hal­ten wer­den. Dank die­ser Ei­gen­schaft brau­chen sie kein kon­ven­tio­nel­les Heiz­sys­tem mit Heiz­kör­pern in je­dem Raum.

Ein Pas­siv­haus be­nö­tigt für die Hei­zung im Jahr bei üb­li­cher Nut­zung ma­xi­mal 15 kWh pro Qua­drat­me­ter Wohn­flä­che (ent­spricht ca. 1,5 Li­ter Öl oder 1,5 Ku­bik­me­ter Erd­gas).

Ei­ne Ener­PHit-Sa­nie­rung weist einen jähr­li­chen Heiz­wär­me­be­darf von ma­xi­mal 25 kWh pro Qua­drat­me­ter Wohn­flä­che auf (ent­spricht ca. 2,5 Li­ter Öl oder 2,5 Ku­bik­me­ter Erd­gas). Bei man­chen Sa­nie­run­gen kann so­gar der Pas­siv­haus-Stan­dard er­reicht wer­den. Häu­fig er­schwe­ren je­doch bau­tech­ni­sche Ge­ge­ben­hei­ten die Um­set­zung bei ver­tret­ba­rem Auf­wand. Dies wird im Ener­PHit-Stan­dard be­rück­sich­tigt. So kann der Stan­dard al­ter­na­tiv auch über das so­ge­nann­te Bau­teil­ver­fah­ren er­reicht wer­den, selbst wenn der Grenz­wert über­schrit­ten wird.

Bei­de Ge­bäu­de­stan­dards sind ener­gie­ef­fi­zi­en­ter als ein Neu­bau nach ak­tu­el­len ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten. Die­ser ver­braucht in Deutsch­land im­mer noch fünf bis acht Li­ter Öl (bzw. Ku­bik­me­ter Erd­gas) je Qua­drat­me­ter Wohn­flä­che für die Hei­zung.
 

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Fünf Grund­prin­zi­pi­en

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Die Wär­me­ver­lus­te durch Au­ßen­wän­de und Dä­cher sind in be­ste­hen­den Ge­bäu­den für mehr als 70 % der ge­sam­ten Wär­me­ver­lus­te ver­ant­wort­lich. Des­halb ist die Ver­bes­se­rung der Wär­me­däm­mung die wich­tigs­te Maß­nah­me zur Ener­gie­ein­spa­rung. Sie führt dar­über hin­aus zu mehr Be­hag­lich­keit und ver­bes­sert den Schutz vor Schim­mel.

Die Ge­bäu­dehül­le be­steht aus al­len Bau­tei­len, die den In­nen­raum vom Au­ßen­raum tren­nen. Ist die In­nen­tem­pe­ra­tur hö­her als die Au­ßen­tem­pe­ra­tur, fließt Wär­me über die Ge­bäu­dehül­le ab. Wird die­se Ver­lust­wär­me nicht er­setzt, ist es in­nen re­la­tiv schnell so kalt wie au­ßen. Glei­ches gilt für den Som­mer­fall. Ist die Au­ßen­tem­pe­ra­tur hö­her als die In­nen­tem­pe­ra­tur, fließt die Wär­me ins Ge­bäu­de und heizt die­ses auf. In bei­den Fäl­len ist es da­her sinn­voll, den un­ge­woll­ten Wär­me­fluss zu be­gren­zen. Ge­nau das ist die Auf­ga­be des Wär­me­schut­zes.

Für einen idea­len Wär­me­schutz be­nö­tigt man ei­ne ca. 16 cm bis 40 cm di­cke Däm­mung, je nach Dämm­ma­te­ri­al. Ne­ben kon­ven­tio­nel­len Dämm­stof­fen wie Mi­ne­ral­wol­le oder Sty­ro­por ste­hen auch vie­le öko­lo­gisch nach­hal­ti­ge Ma­te­ria­li­en wie Stroh oder Zel­lu­lo­se zur Aus­wahl.
 

An­ge­streb­ter Wert im kalt-ge­mä­ßig­ten Kli­ma (kann im Ein­zel­fall ab­wei­chen):

  • Pas­siv­haus-Stan­dard: ma­xi­ma­ler u-Wert bei Au­ßen­däm­mung 0,10 W/(m²K) bis 0,18 W/(m²K) je nach Bau­teil (Bo­den, Wand, Dach) und Kom­pakt­heit des Ge­bäu­des
     
  • Ener­PHit-Stan­dard: ma­xi­ma­ler u-Wert bei Au­ßen­däm­mung 0,10 W/(m²K) bis 0,18 W/(m²K) je nach Bau­teil (Bo­den, Wand, Dach) und Kom­pakt­heit des Ge­bäu­des
    Al­ter­na­tiv: Bei Zer­ti­fi­zie­rung nach dem Bau­teil­ver­fah­ren ma­xi­ma­ler u-Wert 0,15 W/(m²K)
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Fens­ter sind von ent­schei­den­der Be­deu­tung für die Be­hag­lich­keit im Raum. Denn schlecht ge­dämm­te Fens­ter bil­den ver­gleichs­wei­se kal­te Flä­chen in der Fas­sa­de und er­zwin­gen da­mit ei­ne ak­ti­ve Wär­me­zu­fuhr in der Nä­he des Fens­ters, um Kalt­luft­ab­fall, Zu­ger­schei­nun­gen und „Käl­te­strah­lung“ aus­zu­glei­chen.

Heut­zu­ta­ge kann je­de Art von Fens­ter aus je­der Ma­te­ri­al­grup­pe in der Qua­li­tät ei­nes Pas­siv­h­aus­fens­ters pro­du­ziert wer­den. Die­se be­son­ders ef­fi­zi­en­ten Fens­ter zeich­nen sich im mit­tel­eu­ro­päi­schen ge­mä­ßig­ten Kli­ma durch ei­ne Dreischei­ben-Ver­gla­sung, einen wär­me­ge­dämm­ten Rand­ver­bund, einen spe­zi­ell ge­dämm­ten Fens­ter­rah­men so­wie einen op­ti­mier­ten Ein­bau in der Wand aus.

Wäh­rend Pas­siv­haus-Fens­ter mög­lichst viel Wär­me im Ge­bäu­de hal­ten, las­sen sie gleich­zei­tig die Ener­gie der Son­nen­strah­len hin­ein. So ist bei an­nä­hern­der Süd­ori­en­tie­rung und we­nig Ver­schat­tung selbst im Kern­win­ter ei­ne po­si­ti­ve Ener­gie­bi­lanz mög­lich.

Im Som­mer ver­hin­dern klug kon­zi­pier­te Ver­schat­tungs­sys­te­me ein Über­hit­zen des Ge­bäu­des.

 

An­ge­streb­ter Wert im kalt-ge­mä­ßig­ten Kli­ma (kann im Ein­zel­fall ab­wei­chen):

  • Pas­siv­haus-Stan­dard: ma­xi­ma­ler u-Wertein­ge­baut 0,85 W/(m²K) (ver­ti­ka­le Fens­ter, Haus­tür); 1,00 W/(m²K) (schrä­ge Fens­ter); 1,10 W/(m²K) (ho­ri­zon­ta­le Fens­ter)
     
  • Ener­PHit-Stan­dard: ma­xi­ma­ler u-Wertein­ge­baut 0,85 W/(m²K) (ver­ti­ka­le Fens­ter, Haus­tür); 1,00 W/(m²K) (schrä­ge Fens­ter); 1,10 W/(m²K) (ho­ri­zon­ta­le Fens­ter)
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Nur wenn re­gel­mä­ßig „ver­brauch­te“ Luft ge­gen fri­sche Au­ßen­luft aus­ge­tauscht wird, ist ei­ne gu­te Luft­qua­li­tät er­reich­bar. Zwei­mal täg­lich die Fens­ter zu öff­nen reicht da­bei lei­der nicht aus – we­der im Pas­siv­haus noch in we­ni­ger ef­fi­zi­en­ten Ge­bäu­den. Denn um einen an­ge­mes­se­nen 0,33-fa­chen Luft­wech­sel zu er­rei­chen, müss­te man min­des­tens al­le drei Stun­den die Fens­ter für 5 bis 10 Mi­nu­ten ganz öff­nen – auch in der Nacht. Dies ent­spricht sel­ten der Rea­li­tät.

We­nig hilf­reich ist auch die an­geb­li­che Fu­gen­lüf­tung durch Un­dicht­hei­ten. Zum einen sind Neu­bau­ten in Deutsch­land seit 1984 be­reits so dicht ge­baut, dass der Fu­gen­luft­wech­sel für ei­ne aus­rei­chen­de In­nen­luft­qua­li­tät bei wei­tem nicht aus­reicht. Glei­ches gilt auch für mo­der­ni­sier­te Alt­bau­ten mit neu­en Fens­tern. Zum an­de­ren kann die aus­tre­ten­de feuch­te Warm­luft beim Fu­gen­luft­wech­sel zu Tau­was­ser­schä­den füh­ren. 

Ei­ne Kom­fort­lüf­tung mit Wär­me­rück­ge­win­nung stellt hier die idea­le Lö­sung dar. Sie zieht die be­las­te­te Luft aus Kü­che, Bad und WC ab und führt im Ge­gen­zug fri­sche Au­ßen­luft in das Wohn­zim­mer, die Kin­der­zim­mer, die Ar­beits- und die Schlafräu­me ein­. Da nur un­be­han­del­te Au­ßen­luft in die Auf­ent­halts­räu­me strömt, wird ein ho­hes Maß an Luf­t­hy­gie­ne er­reicht.

Bei­de Luft­strö­me flie­ßen durch einen Wär­me­tau­scher, in wel­chem die Ab­luft ih­re Wär­me an die Zu­luft ab­gibt, oh­ne dass sich die Luft­strö­me da­bei ver­mi­schen. Mo­d­erns­te Lüf­tungs­tech­nik er­laubt heu­te Wär­me­rück­ge­win­nungs­gra­de von 75 % bis über 90 %.

Auf­grund des sehr ge­rin­gen Heiz­wär­me­be­darfs von Pas­siv­häu­sern und Ener­PHit-Sa­nie­run­gen, bie­tet sich ein wei­te­rer ein­ma­li­ger Vor­teil: Die Mög­lich­keit zur Hei­zung mit der Zu­luft mit­hil­fe ei­nes ver­gleichs­wei­se sehr kos­ten­güns­ti­gen Kli­masp­lit­ge­räts.

 

An­ge­streb­ter Wert im kalt-ge­mä­ßig­ten Kli­ma (kann im Ein­zel­fall ab­wei­chen):

  • Pas­siv­haus-Stan­dard: Wär­me­rück­ge­win­nungs­grad (in­kl. Ver­teil­ver­lus­te) von min­des­tens 75 %
     
  • Ener­PHit-Stan­dard: Wär­me­rück­ge­win­nungs­grad (in­kl. Ver­teil­ver­lus­te) von min­des­tens 75 %

 

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Luft­dicht­heit ver­mei­det nicht nur feuch­te­be­ding­te Bauschä­den, Zug­luft und Fuß­käl­te, sie re­du­ziert auch die Ra­don­be­las­tung aus dem Erd­reich und sorgt da­für, dass Lüf­tungs­an­la­ge und Wär­me­däm­mung ihr vol­les Po­ten­zi­al aus­schöp­fen kön­nen. Der ver­bes­ser­te Schall­schutz ist ein wei­te­rer Vor­teil.

Um Luft­dicht­heit zu ge­währ­leis­ten, be­darf es ei­ner ein­zi­gen durch­ge­hen­den Dich­tee­be­ne. Da­für müs­sen be­son­ders die An­schluss­de­tails der ver­schie­de­nen Bau­tei­le sorg­fäl­tig ge­plant wer­den. Un­dicht­hei­ten an ei­ner Stel­le kön­nen nicht durch ei­ne wei­te­re Dich­te­be­ne an vor- oder nach­ge­la­ger­ter Stel­le (z.B. dop­pel­te Lip­pen­dich­tun­gen an Fens­tern, Wind­fang­tür hin­ter der Haus­tür) be­ho­ben wer­den. Denn stellt man einen ka­put­ten Was­se­rei­mer in einen zwei­ten de­fek­ten Ei­mer, löst das im­mer noch nicht das Pro­blem des Lecks.

Luft­dicht­heit ist nicht mit Dif­fu­si­ons­dicht­heit gleich­zu­set­zen. So ist ein nor­ma­ler In­nen­putz (Gips­putz, Kalk­putz, Ze­ment­putz, fa­ser­ver­stärk­ter Lehm­putz) aus­rei­chend luft­dicht, je­doch dif­fu­si­ons­of­fen.

Dar­über hin­aus darf Luft­dicht­heit nicht mit Wär­me­däm­mung ver­wech­selt wer­den. Bei­de Ei­gen­schaf­ten sind für die Ge­bäu­dehül­le wich­tig, aber sie müs­sen meist un­ab­hän­gig von­ein­an­der er­reicht wer­den. Ein gut däm­men­des Bau­teil ist nicht von Na­tur aus luft­dicht. Bei­spiels­wei­se kann man durch ei­ne Mi­ne­ral­woll­däm­mung pro­blem­los „hin­durch­bla­sen“. Um­ge­kehrt ist ein luft­dich­tes Bau­teil nicht un­be­dingt wär­me­däm­mend: Alu­mi­ni­um­blech ist ab­so­lut luft­dicht, hat aber prak­tisch kei­ne Wär­me­dämm­wir­kung.

 

An­ge­streb­ter Wert im kalt-ge­mä­ßig­ten Kli­ma (kann im Ein­zel­fall ab­wei­chen):

  • Pas­siv­haus-Stan­dard: Druck­test-Luft­wech­sel n50 von ma­xi­mal 0,6 h-1
     
  • Ener­PHit-Stan­dard: Druck­test-Luft­wech­sel n50 von ma­xi­mal 1,0 h-1
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Wär­me sucht sich ih­ren Weg vom be­heiz­ten Raum nach drau­ßen. Da­bei geht sie den Weg des ge­rings­ten Wi­der­stan­des. Als Wär­me­brücke be­zeich­net man einen ört­lich be­grenz­ten Be­reich der Ge­bäu­dehül­le, in dem sich im Ver­gleich zu un­mit­tel­bar an­gren­zen­den Be­rei­chen ein ver­än­der­ter (meist er­höh­ter) Wär­me­fluss ein­stellt. Dies führt zu ei­ner lo­ka­len Sen­kung der raum­sei­ti­gen Ober­flä­chen­tem­pe­ra­tur.

Die Fol­ge sind er­höh­te Wär­me­ver­lus­te und schlimms­ten­falls ein Durch­feuch­ten von Bau­tei­len und Schim­mel­wachs­tum, wo­bei die Schim­mel­pro­ble­ma­tik in der Re­gel be­reits durch einen gu­ten Wär­me­schutz ent­schärft wird.

Im Alt­bau und bei sa­nier­ten Be­stands­ge­bäu­den kön­nen Wär­me­brücken er­fah­rungs­ge­mäß Wär­me­ver­lus­te von bis zu 20 % ver­ur­sa­chen. Ei­ne sorg­fäl­ti­ge Pla­nung im Um­gang mit Wär­me­brücken kann al­so durch­aus dar­über ent­schei­den, ob der ge­wünsch­te Baus­tan­dard er­reicht wird oder nicht.

Wär­me­brücken tre­ten im All­ge­mei­nen an je­der Ver­bin­dungs­stel­le zwi­schen Bau­tei­len auf so­wie an Stel­len, an de­nen sich die Zu­sam­men­set­zung der Baustruk­tur än­dert. Bei­spie­le hier­für sind der Über­gang vom un­be­heiz­ten Kel­ler zum ge­dämm­ten Rest des Hau­ses, die Ver­bin­dungs­stel­le zwi­schen Haus­wand und Dach, die Ein­bau­si­tua­ti­on der Fens­ter und Tü­ren so­wie die Ver­an­ke­run­g der Bal­ko­ne in der Ge­bäu­dehül­le.

 

An­ge­streb­ter Wert im kalt-ge­mä­ßig­ten Kli­ma (kann im Ein­zel­fall ab­wei­chen):

  • Pas­siv­haus-Stan­dard: Wei­test­ge­hend frei von Wär­me­brücken
     
  • Ener­PHit-Stan­dard: Re­du­zier­te Wär­me­brücken

Drei Klas­sen

Pas­siv­häu­ser und Ener­PHit-Sa­nie­run­gen kön­nen ide­al mit der Er­zeu­gung er­neu­er­ba­rer Ener­gi­en kom­bi­niert wer­den. Dies spie­gelt sich in drei Klas­sen wi­der:

  • Clas­sic: Pas­siv­haus oder Ener­PHit-Sa­nie­rung oh­ne ei­ge­ne Ener­gie­er­zeu­gung
  • Plus: Ener­gie­er­zeu­gung und -ver­brauch sind im Jah­res­mit­tel un­ge­fähr gleich
  • Pre­mi­um: Es wird deut­lich mehr Ener­gie er­zeugt als ver­braucht

Zur Ein­tei­lung in Clas­sic, Plus und Pre­mi­um wird der Be­darf an er­neu­er­ba­rer Pri­mär­ener­gie des ge­sam­ten Ge­bäu­des (in­klu­si­ve Heiz­wär­me, Warm­was­ser­er­zeu­gung, Haus­haltss­trom) der Er­zeu­gung von er­neu­er­ba­rem Pri­mär­strom ge­gen­über­ge­stellt.

Al­le Pas­siv­haus- und Ener­PHit-Klas­sen kön­nen welt­weit in al­len Kli­ma­zo­nen er­reicht wer­den, wo­bei je­weils das Ge­bäu­de­kon­zept an die lo­ka­len kli­ma­ti­schen Rand­be­din­gun­gen an­ge­passt wird. Ei­ne Um­set­zung ist so­wohl bei Wohn­ge­bäu­den als auch bei den meis­ten Nicht­wohn­nut­zun­gen (von Bü­ro- und Bil­dungs­ge­bäu­den bis hin zu Schwimm­bä­dern) mög­lich.